28. November 2014

Eine kleine Sternstunde

In all den Jahren, in denen ich schon Inhaftierte besuche, erlebe ich auch immer wieder kleine Sternstunden. Als noch Frauen in der JVA Dresden untergebracht waren, durfte ich zum Beispiel mit Frau B., die schon viele Jahre ihres Lebens im Gefängnis verbrachte, erste Freigänge unternehmen. Sie wünschte sich lange Spaziergänge an der Elbe, Besuche in Museen, plante selbst ein Picknick im Großen Garten. Wir setzten uns gern in die Frauenkirche und ließen die überwältigende Größe auf uns wirken.

In der Kreuzkirche bat sie mich einmal, vorn eine kleine Kerze anzünden zu können, wo schon viele Kerzen brannten. Wir standen zusammen, hielten uns an den Händen und sie betete zu Gott für ihre Entlassung. Sie wollte dieses neue Leben nicht allein beginnen, bat um Seine Hilfe und Seinen Beistand.

Das war ein wunderbares Erlebnis auch für mich. Ich glaube, dass mein Dienst des Besuchens und Begleitens, des sich Auseinandersetzens mit Menschen, die in Konflikten sind, Auswirkungen hat  auf ihr Leben und genauso auf meines. In all den Jahren meiner Begleitung von Gefangenen bin immer wieder auch ich die Beschenkte.

Ilona Barthel

Foto: Hohenester, www.pixelio.de

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