1990 war der Frauenstrafvollzug gerade reformiert worden. Dadurch konnte man nach dem individuell besten Weg für mich suchen. Ich als Lebenslängliche durfte darum schon sehr früh an einem verhaltenstherapeutischen Programm teilnehmen. Solche speziellen Regelungen waren wenige Jahre später kaum noch möglich. Ich hatte also Glück. Meine Haftjahre waren nicht geprägt von rigiden Strukturen, sondern vom Engagement vieler Menschen, die meine Resozialisierung förderten.
Selbsteinsichten vermittelt
In Haft in der Provinz Nova Scotia erkannte ich die Bemühungen, uns 70 inhaftierten Frauen neue Selbsteinsichten zu vermitteln. Wir lebten in Wohngruppen, hatten Zugang zur Schule und wurden individuell halbtags gefördert. Eine Arbeitspflicht gab es nicht. Man vertraute uns, dass wir mit Unterstützung der Mitarbeitenden selbst einsehen würden, dass Beschäftigung einen Verdienst und Kontakte bedeutet. So wurde ich Hundetrainerin.
Indigene waren wie Großeltern
Viele Gefangene in Kanada sind Indigene. 2021 machten sie nach offiziellen Angaben fast die Hälfte aller inhaftierten Frauen aus. Darum ist die indigene Kultur auch heute in Gefängnissen präsent und wird gefördert. Als Angestellte oder Ehrenamtliche sind ihre Vertreter:innen damals für uns wie Seelsorgende gewesen. Sie vermittelten uns ihre Werte, führten Programme und Zeremonien durch und waren immer gesprächsbereit. Es waren ältere Menschen, die für uns Frauen wie Großeltern wurden. Allein schon, dass sie leise sprachen, zwang uns, unsere Gefühle im Zaum zu halten und genau hinzuhören. Ihre Verletzlichkeit zähmte unsere Wut und ihre Weichheit entspannte uns.
Liebevolle Unterstützung schenkt Ja zum Leben
Nach zwölf Jahren Haft wurde ich nach Deutschland abgeschoben. Ich kam nach Celle, zum Schwarzen Kreuz. Auch hier nutzten Haupt- und Ehrenamtliche intensiv ihre Möglichkeiten, um meine Resozialisierung zu fördern. So kann ich sagen: Es war immer vor allem die liebevolle Unterstützung von Menschen, die mir geholfen hat, bejahend zu leben.
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