Wie ich als Pastor den Gefängnisgottesdienst erlebe
(…) Ich predige lieber im Gefängnis als „draußen“ in einer Gemeinde. Nach zwölf Jahren Tätigkeit als Gefängnisseelsorger kann ich das so sagen. Das hat viele Gründe. Ich empfinde den Gottesdienst hier im Gefängnis echter, lebendiger und auch menschlicher als in vielen Gemeinden draußen. Er läuft nicht einfach nach „Schema F“ ab, sondern erfordert es oft, dass man als Pastor improvisieren muss, zum Beispiel wenn einer während der Predigt sagt: „Das habe ich aber ganz anders erlebt, Herr Pastor“. Wer traut sich das schon in einem ganz normalen Gemeindegottesdienst? Ich bin für solche spontanen Rückmeldungen immer sehr dankbar, weil der Zurufer mir signalisiert: Ich bin anderer Meinung als du, aber ich möchte dir gerne meine Erfahrung weitergeben und das Gespräch mit dir suchen. Ich lasse mich in solchen Fällen immer gerne aus dem Konzept bringen und bin jeweils gespannt, welchen weiteren Verlauf das dann folgende Gespräch nimmt.
Anders predigen als in Gemeinde
Überhaupt kann man im Gefängnisgottesdienst besser auf die Situation der Gemeinde eingehen als draußen, wo die Gemeindemitglieder sich in aller Regel in sehr unterschiedlichen Lebenssituationen befinden. Auch sind Pfarrer und Gemeinde hier im Gefängnis viel weniger anonym füreinander. Sie wissen mehr voneinander und nehmen sich intensiver gegenseitig wahr.
Für mich ist jeder Gottesdienst in der JVA eine neue Herausforderung an die Predigtvorbereitung, denn im Gefängnis kann man nicht wie in der Gemeinde predigen. Wenn ich christliche Formeln und Redewendungen – auch wenn sie noch so gängig sind – versuche, in die Lebenswirklichkeit der Gefangenen hinein zu übersetzen, dann muss ich mir dabei auch über meinen eigenen Glauben immer wieder Rechenschaft geben. Und davon profitiere ich sehr.
Pastor Peter-Michael Arenz, Gefängnisseelsorger an der JVA Bremen.
Auszug aus Diskus70, Gefangenenzeitung der JV Bremen, Dezember 2012
Foto: Peter-Michael Arenz
Wie wunderbar, dass es immer wieder Menschen gibt, die die Insassen einer JVA nicht auf ihre Straftat reduzieren, sondern alle als Kinder Gottes betrachten und Ihnen von der Freiheit in Jesus Christus erzählen!
Viel Kraft und Gottes Segen für Ihre Arbeit.