20. September 2013

„Haben Sie keine Angst im Gefängnis?“

 

Allein schon das Wort „Gefängnis“ ist den meisten Menschen irgendwie unheimlich. Dass Straffälligenhilfe durchaus Spaß machen kann und das eigene Leben bereichert, davon müssen sie erst überzeugt werden. Darum haben wir vom Arbeitskreis Osnabrück in einigen Gemeinden angefragt, ob wir etwas über das Schwarze Kreuz erzählen dürfen. Wir hoffen nämlich auf Verstärkung. Wir möchten auch in der Untersuchungshaft einen Gesprächskreis anbieten, und dafür brauchen wir mehr Leute.

Vor kurzem waren wir in der Osnabrücker Baptistengemeinde eingeladen. Zu  siebt waren wir da, darunter vier Inhaftierte aus dem offenen Vollzug.

Wir fingen an mit einem kurzen Film, der an einem Beispiel zeigt, wie das Schwarze Kreuz Inhaftierte und Haftentlassene begleitet. Anschließend berichteten wir von den unterschiedlichen Haftanstalten in Osnabrück und unserer Arbeit im offenen Vollzug.

Und dann kam der vermutlich spannendste Teil: unsere verschiedenen persönlichen Eindrücke. Wobei die so verschieden gar nicht waren. Sogar wir Ehrenamtlichen und die Inhaftierten lagen meistens auf einer Linie.

 

 

 „Haben Sie keine Angst, wenn Sie ins Gefängnis gehen? lautete eine Frage. Das war schnell beantwortet: nein! Eine neue Mitarbeiterin betonte sogar, sie hätte nie erwartet, dass die Gefangenen so positiv auf sie zugehen.

„Warum gehen Sie in den Gesprächskreis?“ „Zuerst war es Neugier“, antwortete einer der Inhaftierten. „Dann aber wurde es schnell echtes Interesse. Hier konnte ich so offen über Gott und Fragen des Glaubens reden, wie ich es noch nie erlebt hatte. Und hier werde ich in erster Linie als Mensch wahrgenommen, nicht als Straftäter.“

„Was beeindruckt Sie an dem Gesprächskreis am meisten?“ Ich erzählte von mir: Ich habe mich viel mit Glauben und Christentum auseinander gesetzt. Aber immer wieder erstaunt und berührt mich, was für tiefe Wahrheiten oft aus dem Mund der Gefangenen kommen, die viel weniger Vorwissen haben als ich. Ihr besonderer Blickwinkel auf das Leben gibt ihnen manchmal auch besondere Einsichten. Wenn ich anschließend zuhause über das nachdenke, was sie gesagt haben, stelle ich oft fest: Ja, sie hatten Recht, nicht ich. Das zuzugeben ist nicht immer angenehm, aber heilsam.

„Ihr größter Wunsch für die Zukunft?“ Für unsere Inhaftierten war das eindeutig: ohne Kriminalität weiterleben.

Am nächsten Sonntag ging ich zu den Baptisten in den Gottesdienst, um noch im Nachhinein auf die eine oder andere Frage Antwort geben zu können. Zwei Mitglieder der Gemeinde tauchten dann tatsächlich beim nächsten Treffen des Arbeitskreises auf, zwei weitere haben Interesse. Natürlich es noch zu früh, um zu sagen, was daraus wird. Aber diese Resonanz freut uns schon mal.

A. Wiehe (aufgezeichnet von U. Passarge)

Foto: Stephanie Hofschläger, www.pixelio.de

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