11. Juli 2014

Gefangene besuchen: Was mir wichtig ist

Seit gut zehn Jahren besuche ich Inhaftierte. Immer wieder konnte ich in dieser Zeit mit Frauen und Männern über den Sinn des Lebens sprechen. Die meisten haben keinen Bezug zum Glauben, sind aber auch nicht ablehnend. Einer sagte zu mir: „Wenn Sie an Gott glauben, ist das nicht schlimm. Jeder hat halt sein Hobby!“

Mir ist wichtig bei jedem Besuch, dass ich Menschen vor mir habe wie du und ich. Menschen, die wertvoll sind, denen ich mit Respekt und Würde begegnen will. Ich möchte ihr Selbstwertgefühl stärken, damit sie lernen, nach der Haft Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.

 

Ermutigendes und Abgründe

Vor mir sitzen Menschen, die mit Drogen gedealt haben, gewalttätig geworden sind, getötet haben. Menschen, die aus der Bahn geworfen und schuldig worden sind, sich verachtet fühlen und es auch sind. Ich höre zu und höre zu und höre zu. Rede mit Gott über jeden dieser Männer und Frauen, sonst würde ich Enttäuschungen von Gefangenen und Bediensteten nicht verkraften. Es gibt ermutigende Besuche, aber auch Gespräche, die mich zutiefst erschüttern, die Abgründe in einem Menschen aufzeigen.

Alleine würde ich es nicht schaffen, diesen Menschen zu begegnen. Für mich ist es daher sehr wichtig, einmal im Monat im Dresdner Arbeitskreis des Schwarzen Kreuzes  einen vertrauten Rahmen zu haben, gemeinsam zu reflektieren, Erfahrungen auszutauschen, Fachreferate zu hören und auch Weiterbildungen in Anspruch zu nehmen. Ebenfalls bin ich Mitglied im Hammerweg e.V., der sich in Sachsen um Inhaftierte kümmert.

Ilona Barthel

Foto: privat

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Karl Heinrich Waggerl
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