13. Juli 2018

Stille im Gefängnis

 

 

Stille ist in einer JVA, wo es bei so vielen Menschen oft laut und geschäftig zugeht, eher selten. Umso kostbarer sind mir solche Momente. Ich erlebe sie auch in den Sonntagsgottesdiensten mit den inhaftierten Frauen immer wieder. Zum Beispiel beim Singen, während der Predigt oder beim Gebet. Die Suche nach Stille, nach einem Ort der Geborgenheit, nach Verstanden werden und Sein können, die Sehnsucht, angenommen zu werden und loslassen zu können, was belastet: Das mögen alles Gründe sein, warum Frauen die Angebote der Seelsorge wahrnehmen möchten.

Ich bedauere es, dass die JVA Chemnitz keinen Kirchraum hat. So räumen wir einmal im Monat freitagabends unsere „Kirche“ mit 50 Stühlen ein, von denen meist alle besetzt sind. Neulich meinte eine der Frauen nach dem Gottesdienst zu mir: „Wissen, Sie, wenn wir sonntags hier Kirche haben, vergesse ich, dass ich im Gefängnis bin.“ So geht es mir übrigens auch ganz oft.

Kuchen vom Schwarzen Kreuz

Dass es beim Kirchenkaffee oft leckeren selbst gebackenen Kuchen von Ehrenamtlichen der Schwarz-Kreuz-Gruppe gibt, mag auch zusätzlich verlockend sein. Auf diesem Weg sind „Leckermäuler“ schon zu treuen Gottesdienstgängerinnen geworden, denen inzwischen manches der „Wort-Kost“ des Gottesdienstes etwas bedeutet, dass sie nicht (mehr) missen möchten.

Das Verbundensein des Lebens und Arbeitens in der JVA mit Menschen und Kirche „draußen“ bleibt ein wichtiges Projekt. Ich bin dankbar für die Gemeinde der Zuckersammler, die beim Kaffee- oder Teetrinken im Alltag oder auf Reisen (sogar in fernen Regionen 🙂 ) an die inhaftierten Frauen in der JVA Chemnitz denken. Ich bin überzeugt: Das Wissen um Menschen an diesem Ort (auch ohne jemals dort zu Besuch gewesen zu sein), die Verbundenheit und die Gebete für sie haben tragende Wirkung. Also, sammeln Sie, sammelt und betet weiter (die Reihenfolge hat nichts zu sagen)!

Aus einem Brief von Anne Straßberger, Seelsorgerin in der JVA Chemnitz (Frauengefängnis)

Foto: Ute Passarge

“Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?”

 

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„Gott merkt ja doch nichts!“, sagen manche. „Was weiß der da oben schon von dem, was hier vorgeht?“