1. August 2019

Dem Mörder vergeben

Auf diese Weise zum Schwarzen Kreuz zu kommen wünscht man niemanden. Eine unserer Ehrenamtlichen verlor ihre Mutter – sie wurde von einem Bekannten getötet. Trotzdem oder gerade deswegen arbeitet sie heute im Schwarzen Kreuz mit. Sie erzählt:

„Da rastete er aus“

Was an diesem einen Tag wirklich geschehen ist, erfuhr ich erst viele Monate später bei der Gerichtsverhandlung. Ein junger Mann, ein Bekannter meiner Mutter, brauchte Geld. Er trank damals Alkohol und hatte außerdem eine anspruchsvolle Freundin. Wie schon des öfteren bat er meine Mutter um Geld. Sie lehnte aber diesmal entschieden ab. Da rastete er aus und tötete sie in seiner Wut.

Was hatte den jungen Mann zu seiner Tat getrieben? Diese Frage ließ mir keine Ruhe. Ich nahm irgendwann Kontakt zu ihm auf. Als wir uns das erste Mal begegneten, war ich überrascht, wie beklommen er wirkte. Ein reger Briefwechsel entwickelte sich und ich besuchte ihn häufig. Er hat seine Tat sehr bereut. In den 15 Jahren seiner Freiheitsstrafe machte er seinen Hauptschulabschluss und schloss eine Lehre erfolgreich ab. Er hat eine liebe, fleißige Lebensgefährtin gefunden. Da beide eine gute Arbeitsstelle haben, führt er jetzt schon viele Jahre ein recht zufriedenes Leben. Ich bin sehr froh, dass er so einen guten Weg gemacht hat.

Heilung für die Seele

Gott gibt jedem eine zweite oder dritte Chance! Vergeben ist ein Geschenk, das wir uns auch selbst machen. Es tut der Seele und dem Herzen nur Gutes. Das Gebet ist eine Gottesmacht, das Verletzungen heilen und Vergebung möglich machen kann.

Dankbar bin ich auch dem Schwarzen Kreuz mit seinem Wahlspruch „Nächstenliebe befreit“. Gefängnisbesuche, Seminare und der Kontakt zu anderen Ehrenamtlichen haben mir sehr geholfen zu sehen, dass viele „Weggesperrte“ hilfesuchende Menschen sind.

Foto: Michaela Schöllhorn, pixelio

„Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?“

Kommentare: “Dem Mörder vergeben”

  1. Anastasia Leichtling sagt:

    Vergebe und es wird dir vergeben.

  2. Ute Passarge sagt:

    Zu vergeben ist allerdings ein langer und mühevoller Prozess, der bei schweren Verletzungen vermutlich auch oft nicht wirklich abgeschlossen werden kann. Die alten Wunden melden sich immer mal wieder. Es bleibt dann eine (lebens)lange Aufgabe.

    Auch für unsere Ehrenamtliche war es ein langwieriger Weg und passierte nicht von heute auf morgen.

Kommentare sind geschlossen.

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