JVA-Seelsorgerin: Wovor fürchte ich mich?
Ich arbeite als Seelsorgerin im Gefängnis, fürchterliche Taten und furchtbare Lebensgeschichten gehören dort zu meinem Alltag. Davor fürchte ich mich nicht!
Ich fürchte mich eher davor, irgendwann abgebrüht zu sein, mich nicht mehr berühren zu lassen von den Sorgen und Ängsten der Inhaftierten.
Ich fürchte die Gefahr der Vorurteile und Urteile.
Ich fürchte, die stillen Inhaftierten zu übersehen. Männer, die nicht gelernt haben, eigenen Dunkelheiten Worte zu geben.
Ich fürchte, wie es in der Knastsprache heißt, jemanden innerlich „Tod zu schreiben“, ihm keine Chance mehr zu geben.
Ja, davor fürchte ich mich!
Und ich lege diese Furcht in die noch leere Krippe, zum Stroh.
Erwartungsvoll vertraue ich auf die Berührung des immer wieder Mensch werdenden Gottes.
Angela Gessner, kath. Seelsorge an der JVA Weiterstadt
“Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?”
Fotos: privat (oben), Tim Caspary, pixelio (unten)