Junge Inhaftierte von Harzwanderung zurück
Inzwischen ist der Muskelkater abgeklungen: Sechs inhaftierte Jugendliche und fünf Wanderlustige aus Hameln und Umgebung machten sich vom 7. bis 9. Oktober gemeinsam auf den Weg durch den Harz. Das Programm war ehrgeizig – eine lange Tageswanderung am Sonnabend und am Sonntag ein Besuch im Klettergarten. Begleitet wurden die Wanderer von Otfried Junk, Geschäftsführer des Schwarzen Kreuzes, und zwei Bediensteten der Jugendanstalt Hameln.
Ein Grundgedanke bei diesem Projekt war, den Jugendlichen Lebenshilfe anzubieten, aber nicht über Diskussionen oder Gesprächsveranstaltungen, sondern über gemeinsame Erlebnisse und den im wahrsten Sinne des Wortes gemeinsamen Weg. Ein Wochenende lang zusammen unterwegs sein, Hindernisse überwinden, sich gegenseitig ermutigen und unterstützen, Proviant teilen – viel leichter als im normalen Alltag öffnet man sich dabei, erzählt aus seinem Leben und vertraut sich einander an. Und man ist sehr viel zugänglicher für die Lebenshaltungen und Erfahrungen der anderen.
Hohe Erwartungen ans Leben
Eine ehrenamtliche Begleiterin war von den jugendlichen Inhaftierten beeindruckt: „Es waren durchweg höfliche junge Leute!“ Alles klappte, jeder hielt sich zuverlässig an die Arbeitsverteilung und die Zeitvorgaben. Zu denken gaben ihr „die unglaublich hohen Erwartungen der jungen Leute an das Leben“. Ein Scheitern sei da nahezu vorprogrammiert. Gleichzeitig fragt sie sich aber auch, ob ihre Generation der Menschen um die sechzig nicht dazu beigetragen hat: „Wir haben den nachfolgenden Kindern vorgemacht oder vorgelebt, dass man sehr viel verlangen darf.“
Ein anderer Begleiter wollte zunächst einmal einfach ein schönes Wanderwochenende verbringen: „Und das gemeinsam mit den Inhaftierten, um mit ihnen über ihre Situation und Wünsche ins Gespräch zu kommen. Beides ist eingetroffen. Ich denke, man sollte ein solches Projekt auf jeden Fall fortführen. Ich wäre gerne wieder dabei.“
Ja, fortgeführt werden soll das Projekt, so Otfried Junk. „Wir möchten die Jugendlichen gern längerfristig begleiten. Darum überlegen wir, welche Anregungen wir aufgreifen und umsetzen können.”