Wie geht es den Ehrenamtlichen und Inhaftierten mit ihren Briefkontakten? Das fragen wir sie jedes Frühjahr. Diesmal wurden wieder diejenigen angeschrieben, deren Kontakt bereits länger als einige Monate dauerte. Das waren 183 Inhaftierte und deren Briefkontaktpartner:innen. 90 Inhaftierte und 156 ehrenamtliche Mitarbeitende haben geantwortet. Wir haben die Antworten auf einige der Fragen für Sie zusammengestellt.
Für alle Inhaftierten, die geantwortet haben, ist der Briefkontakt sehr wichtig und eine große Hilfe. Sie schätzen die Abwechslung zum Haftalltag. Er ist ein Lichtblick und ein wichtiger Kontakt nach „draußen“. Sie erfahren Nächstenliebe, Motivation, Freundschaft, Beständigkeit, eine neutrale Sicht, Unterstützung, Akzeptanz. Er gibt ihnen Kraft und Freude, wodurch ihr Leben erträglicher wird.
Etwa ein Zehntel gab an, dass sich nicht viel für sie verändert hat. Andere sind offener und aufgeschlossener geworden, haben mehr Mut, Lebensfreude, Selbstbewusstsein und ein positiveres Selbstwertgefühl. Es tut ihnen gut, jemanden zum Reden für ihre Sorgen und Ängste zu haben. Sie fühlen sich nicht mehr so allein.
Der Briefkontakt gibt ihnen großen Halt und verändert ihre Sicht auf viele Dinge. Sie haben wieder Kontakt zur Außenwelt, tragen weniger Wut in sich. Sie haben gelernt, besser zuzuhören und offener über ihre Fehler zu sprechen. Sie erhalten Wertschätzung und neue Impulse.
Dadurch hat sich die Einstellung zu ihrem Leben verändert. Sie blicken positiver in die Zukunft und können den Alltag in Haft besser meistern. Durch den Briefkontakt haben sich einige erstmals mit dem Glauben auseinandergesetzt.
Im Vordergrund stehen Alltagsthemen wie Freizeitbeschäftigungen, Arbeit, Familie, Haftalltag, Zukunftspläne, aber auch Ängste, Wünsche, christliche Themen, Politik.
Einige wenige Ehrenamtliche gaben an, dass sich nichts oder nicht viel durch den Briefkontakt in ihrem Leben verändert hätte. Für die anderen ist der Briefkontakt eine neue Herausforderung. Er bereichert sie und erweitert ihren Horizont. Sie fühlen sich nützlich, da sie etwas Gutes tun und helfen können. Einige sind auch offener und selbstsicherer geworden.
Durch den Einblick in die Gefängniswelt haben die Ehrenamtlichen ein größeres Verständnis für Inhaftierte entwickelt. Sie haben Berührungsängste und Vorurteile verloren. Die eigene Sichtweise auf Freiheit und Selbstbestimmung hat sich geändert. Sie lernen die eigene Freiheit mehr zu schätzen, sind demütiger und empathischer geworden und dankbarer für Alltäglichkeiten im eigenen Leben.
Die meisten Briefkontakte beschränken sich auf den schriftlichen Kontakt. Wo er mit einem oder mehreren Telefonaten ergänzt wurde, waren die Erfahrungen überwiegend positiv. Durch das Telefonat fühlten sie sich mehr verbunden und die persönliche Beziehung wurde gestärkt. Sie sahen darin eine sinnvolle Ergänzung zum Briefwechsel, da man gleich eine Antwort bekam. Einige Ehrenamtliche fanden die Kommunikation per Telefon auch schwieriger. Sie wollen lieber mehr Distanz wahren.
Etwa zwei Drittel der Ehrenamtlichen sprechen mit ihrem Briefpartner unter anderem auch über Glaubensthemen und haben gute Erfahrungen damit gemacht, da der Inhaftierte auch gläubig ist oder sich für das Thema interessiert. Manchmal geht er in die Bibelgruppe der JVA oder hat ähnliche christliche Werte und Erfahrungen. Andere Ehrenamtliche haben Glaubensfragen auch schon angesprochen, sind aber nicht auf Resonanz gestoßen.
„Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?“
Wer kann verstehen, wie die Wolken schweben, warum am Himmelszelt der Donner rollt?