Schulausflug und Praktikum in JVA Salinenmoor
Gefängnismauern können durchlässiger sein als man denkt – zumindest von außen nach innen. Die JVA Celle-Salinenmoor ermöglichte mir als Mitarbeiterin des Schwarzen Kreuzes zwei Tage Praktikum und empfing gleichzeitig einen Tag lang eine Schulklasse.
Natürlich habe ich nicht daran gedacht, die Handtasche für die Eingangskontrolle schon einmal vorzusortieren. Notizbuch, Wasserflasche und zwei Papiertaschentücher dürfen bleiben, der Rest verschwindet nach und nach im Schließfach. Beatrice Sonnenberg, Sozialarbeiterin in der JVA, hat geduldig auf mich gewartet und führt mich zu ihrem Büro. Lange Gänge, Gitter, eine Tür nach der anderen, fast jede muss aufgeschlossen werden. Erst einmal verwirrend, doch zwischendurch begegnen uns immer wieder Frauen und Männer in Uniform, grüßen mit einem Lächeln, geben uns die Hand. Das gibt schon fast ein heimatliches Feeling.
Gefangene wirken fast schüchtern
Eine Besprechung der verschiedenen Abteilungen, ein Gang durchs Gefängnis, Beatrice Sonnenberg erzählt aus ihrer Arbeit und beantwortet meine Fragen. Mittagessen mit den Vollzugsbeamten, eine Einladung ins Büro von Peter Oberländer, stellvertretender Anstaltsleiter, ein Kaffee bei Pastor Henning Buchhagen – eine Fülle von Eindrücken. Einerseits die Inhaftierten sicher verwahren zu müssen, andererseits ihnen bei der Resozialisierung zu helfen – jeder versucht an seinem Platz und auf seine Weise, dieser eigentlich widersprüchlichen Doppelaufgabe gerecht zu werden, so mein Eindruck. Der eine hat seinen Schwerpunkt auf der einen, der andere auf der anderen Seite.
Der Schwerpunkt von Beatrice Sonnenberg liegt bei der Resozialisierung. Bei einigen ihrer Gespräche mit Inhaftierten kann ich dabei sein. Die Männer wirken still, fast schüchtern. Einer möchte eine Drogentherapie machen, ein anderer, erst seit kurzem im Gefängnis, vermisst schmerzhaft seine Familie und fragt, ob er seine relativ geringe Haftstrafe durch Sozialarbeit ersetzen kann. Beatrice Sonnenberg bespricht mit ihnen, was sie tun und wen sie ansprechen könnten.
„Ein Häftling!!!“
Am nächsten Tag nehme ich an dem Programm für die Schulklasse teil. Gekicher bei der Eingangskontrolle. Eine Jugendliche boxt ihre Nachbarin mit dem Ellbogen in die Seite und zeigt aufgeregt durch die Fensterscheibe: „Ey, guck mal, ein Häftling!!“
Es bleibt nicht der einzige Inhaftierte für diesen Tag. Friedhelm Hufenbach, Mitarbeiter in Salinenmoor, berichtet von den Aufgaben der JVA und führt uns durch die Arbeitsbetriebe. Hier sortieren die Inhaftierten Schrauben, dort stecken sie Preistafeln für einen Eishersteller zusammen. So verdienen sie sich etwas Taschengeld und sparen eine gewisse Summe, die sie bei der Entlassung ausgehändigt bekommen. „Sehen ja eigentlich ganz normal aus, die Leute“ – irgendwo höre ich solch eine Bemerkung. Auch das Mädchen, das beim Anblick des ersten Inhaftierten noch aufgeregt reagierte, wirkt jetzt völlig entspannt. Wenn die Klasse nur das als einzige Erkenntnis mitnähme, dass Inhaftierte „normale Leute“ sind, hätte sich die Fahrt sicher schon gelohnt.
Gute „Knastbewertung“
Der Besuch der Schulklasse endet mit dem Mittagessen. Für Inhaftierte, Belegschaft und Gäste gibt es wie immer das gleiche Essen, an diesem Tag Hochzeitssuppe. Sie schmeckt ausgezeichnet. „Ihr könnt beruhigt zulangen“, so Friedhelm Hufenbach, „die Inhaftierten, die bei uns kochen, essen die Suppe ja selbst. Die sorgen schon dafür, dass es bekommt und schmeckt!“
Bei einer „Knastbewertung“ von ehemaligen Inhaftierten im Internet schneidet Salinenmoor übrigens außergewöhnlich gut ab. Wie Peter Oberländer vor der Schulklassen erklärte: „Die Strafe für die Gefangenen soll der Freiheitsentzug sein und keine schlechten Bedingungen.“
Ute Passarge