Gerichtsurteil: mehr Lockerungen!
Mit diesem Urteil erregte das Landgericht Limburg im letzten Jahr Aufsehen: Ein Freigänger stahl ein Auto und verursachte einen Unfall. Dabei wurde eine Frau getötet. Dafür wurden die Strafvollzugsbediensteten, die die Lockerung genehmigt hatten, auf Bewährung verurteilt – wegen fahrlässiger Tötung (mittlerweile ist das Urteil in Revision).
Die Folge war klar: Vollzugslockerungen werden seither noch seltener genehmigt als zuvor. Welcher Gefängnisangestellte möchte schließlich selbst auf der Anklagebank sitzen, wenn etwas schiefläuft?
“Ausführungen nicht nötig”
Jetzt gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das in eine ganz andere Richtung zeigt. Drei Gefangene klagten, weil ihnen Ausführungen verweigert wurden (die unterste Stufe der Vollzugslockerungen; dabei darf ein Gefangener eine JVA unter Bewachung für einige Stunden verlassen). Ein Ausflug in eine Welt ohne Gitter und Stacheldraht blieb ihnen also verwehrt. Es sei nicht nötig, weil die Inhaftierung bei ihnen keine schädlichen Folgen zeige und die Lebenstüchtigkeit nicht beeinträchtigt sei, war die Absage begründet worden.
Lebenstüchtigkeit erhalten
Das Bundesverfassungsgericht entschied: Darauf kommt es nicht an. Mit Lockerungen soll die Lebenstüchtigkeit nicht wiederhergestellt, sondern erhalten werden. So entspricht es dem Grundrecht auf Resozialisierung. Das gilt grundsätzlich auch in kritischen Fällen, wenn eventuell Probleme während der Ausführung zu erwarten sind. Dann muss erst einmal geprüft werden, ob geeignete Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden können. Und die JVA muss auf alle Fälle Personal für solche Ausführungen stellen.
Bei beiden Urteilen ist also die JVA im Zugzwang. Keine leichte Aufgabe. Für die Gefangenen jedenfalls ist das Urteil ein großer Erfolg.
“Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?”
Foto oben: Thorben Wenger, Foto unten: Rainer Sturm, beide pixelio