25. Mai 2018

Mut im Gefängnis

 

Herr E. arbeitet als Essensausträger, er stammt aus dem Iran. Regelmäßig besucht er den Gottesdienst und die Bibelstunde, das gemeinsame Gebet ist im wichtig. Eines Tages sitzen wir uns in meinem Büro gegenüber. „Vor Gott sind doch alle Menschen gleich. Das gilt doch auch für Sexualstraftäter?“ fragt Herr E. Ich nicke. Herr E. erzählt weiter: „Sie kennen doch Herrn B., der auch in der Bibelstunde ist. In der Zeitung steht jetzt, dass er ein Kind missbraucht haben soll. Seitdem lässt Herr B. sich einschließen und traut sich nicht mehr aus seiner Zelle raus. Beim Essenverteilen gebe ich ihm immer die gleiche Portion wie den anderen Gefangenen auch. Deshalb schimpfen jetzt die anderen mit mir und fragen mich, wieso ich zu so jemandem freundlich sein kann. Was soll ich ihnen antworten?“

Wir überlegen und nach einer Weile schlage ich Herrn E. vor, seinen Mitgefangenen zu sagen: „Weil ich gläubig bin!“ Herr E. antwortet: „Ja, das ich ein guter Satz! Den werde ich ihnen sagen. Denn für meinen Glauben will ich mich nicht schämen.“

Herr E. hat Herrn B. dann weiterhin fair behandelt. Und einige Monate später hat Herr E. sich in der Anstaltskirche taufen lassen. Zum anschließenden Kaffee und Kuchen im Seelsorgebüro hat Herr E. auch Herrn B. eingeladen.

Pastor F. Kleine, JVA Lübeck

Aus unserem Kalender ÜBER:MUT

“Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?”

 

Foto: Bernd Kasper, pixelio

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