24. September 2020

Abschied vom geliebten Knast

Arbeitskreis Osnabrück: Letztes Treffen in U-Haft

Nun ist erst einmal Pause angesagt! Nach vielem Hin und Her durften wir am Donnerstag noch einmal zu einem letzten Gesprächskreis in der Osnabrücker U-Haft im Kollegienwall. Natürlich schade: kein Singen, kein Kaffee und Kuchen, keine Mitbringsel. Aber die persönliche Begegnung, auch mit Masken, ist doch das Wichtigste!

Das Thema lautete: Koch dir dein Leben! Nach kurzem Smalltalk kamen Kartoffel, Möhre, Zwiebel und Brühe auf den Tisch. Die Teilnehmer kamen schnell auf die Idee, dass hier eine Suppe gekocht wird. Jeder konnte dann über seine Lieblingssuppe berichten: Zwiebelsuppe, Erbsensuppe, Gemüsesuppe (afrikanisch).

“Lebenssuppe” kochen

Dann haben wir gemeinsam überlegt, was denn in eine gute „Lebenssuppe“ gehören müsste: Freiheit, Familie, Freunde. Aber, so habe ich weiter gefragt, wenn das alles vorhanden ist, ist diese Lebenssuppe dann auch gut? Da kamen dann doch Zweifel auf. Einer meinte, Zufriedenheit könne man nicht schaffen, auch nicht durch materiellen Reichtum. Ein anderer wollte lieber nichts mehr mit seiner Vergangenheit zu tun haben, lieber abhauen und im Schlafsack durch die Lande tingeln: Ich kann nicht mehr in mein altes Leben zurück! Es gab viele Tipps, aber auch viele Fragen! Wie komme ich in meinem Leben klar, was erwartet mich nach der Zeit im Gefängnis?

Was gibt echte Erfüllung?

Die Brühe in der Suppe macht sie erst richtig schmackhaft, das war allen klar. Für mich ist die Brühe in der Suppe vergleichbar mit der Erfüllung in meiner Lebenssuppe. Echte Erfüllung kann mir nur Gott schenken, echten Frieden, echte Freiheit, Liebe ohne Gegenleistung, Wertschätzung auch bei negativer Schufa-Auskunft. Ich hatte den Eindruck, dass die Teilnehmer das verstanden. Zum Schluss haben wir noch ein Musikvideo mit Andrea und Albert Frey gesehen: Damit wir das Leben haben! Sehenswert und ansprechend.

Nach vielen guten Wünschen und einem Segensgebet verblüffte uns unser „kritischer“ Teilnehmer. Nachdem alle AMEN gesagt hatten, fügte er hinzu: „…und besonders deinen Segen für die Familie Engelmann!“ Das hat uns sehr berührt, gerade von ihm hätten wir es gar nicht erwartet!

“Unsere Männer”

Ob die Verbindungen bestehen bleiben, wird die Zukunft zeigen. Dennoch glauben und hoffen wir, dass Gott mit „unseren Männern“ geht. Wir haben Leben geteilt, Vertrauen aufgebaut und Liebe gegeben. Was kann schöner sein? Unser afrikanischer Teilnehmer meinte zu uns, dass er sich den ganzen Tag lang gefreut hätte, als er morgens gehört habe, „that my mom is coming today…“ (Gemeint ist meine Ehefrau Petra…) Wir konnten nicht umhin, unserem geliebten Knast noch Tschüss zu sagen, siehe das Foto oben…

Uwe Engelmann
Fotos: Uwe Engelmann

“Warum helfen Sie im Schwarzen Kreuz ausgerechnet Kriminellen?”

Kommentare: “Abschied vom geliebten Knast”

  1. Stefan sagt:

    Das Schwarze Kreuz ist wichtig. Denn im Gefängnis sitzen Menschen, die Kontakt zur Außenwelt brauchen, und die JVA sollten eigentlich froh sein, dass es Menschen wie das Schwarze Kreuz gibt, die freiwillig in den Knast gehen, um den inhaftierten zu helfen, in Gesprächen und so weiter. Ich bin auch ein Gefangener gewesen, ich saß insgesamt 28 Jahre in Haft, habe über Schwarze Kreuz die Frau den Mann kennenlernen dürfen und befinde mich nun drei Jahre in einer Freundschaft und muss sagen, dadurch hat halt schwarze Kreuz mir auch geholfen.

  2. Stefan sagt:

    Sehr geehrte Damen u.Herren
    Finde ich nicht gerade schön daß es keine Besuche mehr gibt.
    Ich fand die Besuche immer hilfreich
    Ich drücke aber beide Daumen und Mut Gottes Wille wird es einen Weg geben.
    LG Stefan

  3. Rainer Scheffler sagt:

    Gerade die Gruppengespraeche in vertrauter Runde sind für die Inhaftierten ein Stück Lebenskraft. Ich kenne diese Arbeit aus früheren Begegnungen her. Es wäre wünschenswert, dass die Justizien weiter an diesen wichtigen Schätzen festhalten und sie wohlwollend fördern.

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