31. Mai 2013

“Inhaftierte wollen auch mal der Gute sein”

 

„Als Jugendliche habe ich selbst Inhaftierte besucht. Ich weiß, was man als Ehrenamtliche manchmal so über den Strafvollzug denkt!“ Inzwischen ist Christiane Jesse Leiterin der Jugendanstalt Hameln, und das seit elf Jahren.  Sie kennt also beide Seiten der Medaille. Welche Art ehrenamtliches Engagement wird in Zukunft wichtig sein? Darüber sprach sie auf der Jahrestagung des Schwarzen Kreuzes in Springe: “Ehrenamtlich im Strafvollzug – morgen nicht von gestern sein.”

Gibt nicht “gute” und “schlechte” Motive

„Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für den Strafvollzug extrem wichtig: Sie bringen den Inhaftierten ein Stück normale Welt ins Gefängnis und sind für sie ein Bindeglied zur Gesellschaft. Ehrenamtliche sollten sich dabei allerdings unbedingt über ihre eigene Motivation im Klaren sein. Sonst sind Bauchlandungen vorprogrammiert. Es gibt dabei keine “guten” und “schlechten” Motive, wichtig ist nur, sich ihrer bewusst zu sein: Was will ich mit meinem Einsatz erreichen?

Vielleicht entdecke ich dabei zum Beispiel, dass mir besonders wichtig ist, dass die Gefangenen mir für meine Hilfe dankbar sind. So war es bei mir als Ehrenamtliche; ich hatte als junge Frau eine gewisse Neigung zum „Helfersyndrom“. Ich musste aber lernen und mir immer wieder klarmachen: Inhaftierte wollen gar nicht, dass jemand ihnen „hilft“!

Überlegen Sie selbst, würden Sie es wollen, dass da diese beiden Ebenen sind, der Helfer da oben, Sie da unten, und jetzt „hilft“ er oder sie Ihnen? Wollen Sie diese Bewegung von oben nach unten, Almosen empfangen? Das ist kein schönes Gefühl. Es hat etwas mit Herablassung zu tun. So kann man nicht wachsen.

Gute Kommunikation findet auf einer Ebene statt, auf Augenhöhe. Da gibt es kein Oben und Unten.

Ein Inhaftierter muss lernen: Ich muss Verantwortung übernehmen. „Ich armer Mensch, ich bin nur an die falschen Freunde geraten“ – eine solche Haltung ihm hilft nicht weiter. Er muss raus aus der Opferrolle.

Und das ist schwer – erst recht im Gefängnis. Weiterlesen (pdf)

 

 

 

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